ORPHEUS UND EURYDIKE
ORFEO ED EURIDICE
Oper von Christoph Willibald Gluck
VERBOTENER BLICKKONTAKT An
ihrem Grab beweint Orpheus seine
geliebte Frau und ruft die Götter an, ihm
Eurydike zurückzugeben. Amor erscheint
mit einer Botschaft Jupiters: Orpheus
sei es gestattet, in die Unterwelt
hinabzusteigen und Eurydike zurück ins
Leben zu holen. Einzige Bedingung: Er
dürfe seine Frau dabei weder ansehen
noch ihr seine Absicht erklären. Zuerst
läuft alles nach Plan: Orpheus gelingt
es, im Schattenreich die Furien durch
seinen Gesang zu besänftigen, und er
findet Eurydike im Elysium. Doch auf
dem gemeinsamen Weg nach oben,
kommen Eurydike Zweifel an der Liebe
ihres Mannes. Warum schaut er sie nicht
an? Ist sie nicht mehr schön? Wird sie
ihm gar lästig? Was passiert hier? Ihre
Fragen werden immer drängender und
Orpheus‘ Verzweiflung immer größer,
bis er es nicht mehr aushält und sich zu
seiner Frau umdreht. „Ach ich habe sie
verloren“, heißt die berühmte Arie, die
erklingt, als Orpheus seine Geliebte ein
zweites Mal sterben sieht.
REFORMOPER Der mythische Sänger
Orpheus ist die Inkarnation der
Musik, die ein Symbol für die Liebe
über den Tod hinaus ist. Rund 150
Jahre, nachdem Claudio Monteverdi
mit seinem L’Orfeo quasi die Oper
erfunden hatte, wählten Gluck und
sein Librettist Ranieri de‘ Calzabigi an
der Schwelle zur Klassik den Mythos
vom Sänger, der durch seine Kunst die
Unterwelt rührt, um die in ihren Formen
erstarrte Gattung der Opera seria einer
gründlichen Reform zu unterziehen. Der
Text der 1762 in Wien uraufgeführten
Oper war für die Zeit revolutionär:
Keine historische Handlung mit Intrigen
und Nebenhandlungen, sondern der
geradlinig erzählte Mythos als Sinnbild
reiner menschlicher Erfahrung, vertont
in einer schnörkellosen und emotionalen
Tonsprache. In seinem Bemühen um
Wahrhaftigkeit verzichtet Gluck auf
virtuose Koloraturen und gibt liedhaften
Gesängen den Vorzug. In Anlehnung an
die antike Tragödie erhält auch der Chor
eine bedeutende Rolle