IM WEISSEN RÖSSL
Operette von Ralph Benatzky
Die freche Berliner Jazz-Operette gilt als kleine Schwester der
traditionsreichen Wiener Walzer-Operette. Beiden Ausprägungen ist
gemein, dass sie gerne in die Ferne schweifen und Zuflucht an malerischen
Sehnsuchtsorten suchen – Kulturschock inklusive. Was passiert, wenn
ein österreichischer Komponist eine Berliner Operette schreibt, in der die
Piefkes vom Wannsee an den Wolfgangsee reisen, lässt sich exemplarisch
im Weißen Rössl beobachten, jenem Meisterwerk, das 1930 im Großen
Schauspielhaus, dem späteren Friedrichstadtpalast, uraufgeführt wurde.
Wiener Schmäh trifft hier auf Berliner Schnauze, Walzer und Polka auf
swingenden Foxtrott.
Es ist Hochsaison. Die Gäste strömen in Scharen ins Salzkammergut
und Zahlkellner Leopold behält als einziger den Überblick – ohne ihn
funktioniert nichts im „Weißen Rössl“. Seine Chefin Josepha Vogelhuber
dankt es ihm schlecht und erteilt dem unsterblich in sie Verliebten eine
Abfuhr nach der anderen. Sie hat nämlich nur Augen für Stammgast
Dr. Siedler, dem sie wie immer das beste Zimmer reserviert hat.
Leopold erlaubt sich einen Spaß und quartiert ebendort den Berliner
Hemdhosenfabrikanten Wilhelm Giesecke ein, der von seiner Tochter
Ottilie einen Erholungsaufenthalt in den Bergen verordnet bekommen
hat. Giesecke steckt nämlich in nervenaufreibenden Patentstreitigkeiten
mit der Firma Sülzheimer, die von niemand anderem vertreten wird
als dem Rechtsanwalt Siedler, der alsbald seine Zuneigung zu Ottilie
entdeckt. Der Sohn seines Mandanten, Sigismund Sülzheimer, verguckt
sich in Klärchen, Tochter des mittellosen Professors Hinzelmann.
Einige Liebeswirren später steht das Glück vor der Tür und die Paare finden
vor idyllischer Alpenkulisse zueinander – nicht zuletzt dank des persönlichen
Eingreifens des Kaisers. Auch Leopold ringt der stolzen Josepha ein
Heiratsversprechen ab, und es bewahrheitet sich der Ausspruch der RösslWirtin: „Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“.