CORPUS DELICTI
Schauspiel von Juli Zeh
Ich entziehe jenem Idioten das Vertrauen, der das Schild am Eingang unserer Welt abmontiert hat auf dem stand: „Vorsicht! Leben kann zum Tode führen.“
Irgendwann in der Mitte des 21. Jahrhunderts: Seit dem Tod ihres Bruders
Moritz, der wegen Mordes verurteilt wurde und dann Suizid begangen hat,
hat sich Mia Holl zurückgezogen. Ihren staatlich auferlegten Pflichten wie
Schlaf- und Ernährungsberichte, Blutdruckmessungen und Urintests kommt
sie nicht mehr nach. Eine psychologische Betreuung, die ihr bei einem
Klärungsgespräch vor Gericht angeboten wird, nimmt sie nicht an. Vielmehr
erinnert sie sich an Moritz‘ Lebenslust und Freiheitsdrang und zündet sich
eine Zigarette an, die einen Feueralarm auslöst. Wegen Missbrauchs
toxischer Substanzen wird ihr von einem Staat der Prozess gemacht, der
die gesundheitliche Unversehrtheit seiner Bürger zum obersten Prinzip
gemacht hat. Doch damit kommt eine Lawine ins Rollen, in der Mia nicht
nur die Unschuld ihres Bruders beweisen will, sondern auch dem staatlichen
System, der „Methode“, ihren Kampf ansagt.
Juli Zeh (geboren 1974 in Bonn) ist eine der prominentesten Dichterinnen
und Denkerinnen unserer Zeit. Die promovierte Juristin, die ihr Studium
in Passau, Krakau, New York und Leipzig absolvierte, wandte sich bereits
1996 der Literatur zu. Oft sind ihre Romane und Theaterstücke von juristisch
und gesellschaftlich relevanten Themen wie Freiheit und Verantwortung
inspiriert.
Corpus Delicti verfasste Zeh 2007 als Auftragsarbeit für die Ruhrtriennale
in Essen. Zwei Jahre später brachte sie das Theaterstück auch als Roman
heraus. Mit diesem Werk schuf sie eine erschreckende Zukunftsvision, die
angesichts aktueller Entwicklungen für neuen Zündstoff sorgt.